Druck oder Motivation? Wenn Eltern der Ehrgeiz packt

Eltern sind unverzichtbar.

Die sportliche Entwicklung von jungen Athleten ist ohne ihre Unterstützung nicht möglich. Viele Eltern schiessen jedoch über das Ziel hinaus. Vor allem dann, wenn sie der Ehrgeiz packt und sie nicht mehr zwischen ihren und den Wünschen der Kinder unterscheiden können.

Das ist ein schweres Foul!

Wie schaut das bei dir aus: Hat dich auch schon der Ehrgeiz gepackt, sodass du dein Kind gefoult hast?

Hast du schon einmal gesagt:

  • „Nimm dir ein Beispiel an deinem Teamkollegen …“
  • „Ich mache das alles nur für dich.“
  • „Ich habe dir doch schon x-Mal gesagt, dass …“
  • Etc.

Oder ist dir schon passiert, dass du …

  • dein Kind nach einer schlechten Leistung gemassregelt hast,
  • dich in das Training eingemischt und dem Trainer gesagt hast, was er zu tun hat,
  • den Trainer oder andere beschimpft und verunglimpft hast,
  • Neid gegenüber anderen Athleten und Athleten Eltern geäussert hast?

Sei mal ehrlich. Hast du gerade genickt und gedacht: „Solche Fouls habe ich auch schon begangen“?

Niemand ist unfehlbar. Etwas sollte dir jedoch klar sein. Es geht nicht um dich und deine Wünsche! Das einzige, was zählt, ist der Athlet. Also die Wünsche und Ziele deines Kindes. Selbst wenn diese Aussage für dich sehr hart daherkommt.

Nur ein Bruchteil von dem, was Eltern für das Kindswohl tun, ist zum Kindswohl.

Eltern begehen immer wieder Fouls aus Unwissenheit oder wenn sie mit der Situation überfordert sind. Schlimm wird es, wenn absichtlich gefoult wird. Für ein Kind kann das schlimme Folgen haben.

Gratwanderung zwischen Druck und Motivation

Bist du schon in der Situation gewesen, dass du dir überlegt hast: „Macht mein Kind das, um mich zu beeindrucken, oder geht es darum, dass es für sich das Maximum herausholt?“ Das ist nicht immer offensichtlich.

Es ist nicht aussergewöhnlich, dass dich dein Kind beeindrucken möchte. Solange es in seinem Sport aufgeht und aus freien Stücken agiert, musst du dir darüber keine Gedanken machen.

Problematisch wird es dann, wenn es nach jeder Aktion deine Bestätigung sucht und dich andauernd darum bittet, zu sagen, was es zu tun hat. Das kann ein Hinweis dafür sein, dass es den Sport macht, um dich zufriedenzustellen. Eigenmotivation? Fehlanzeige.

Wenn dein Kind das Gefühl hat, für dich gut sein zu müssen, spürt es andauernd deinen Druck im Nacken. Das mach keinen Spass und fördert seine Entwicklung kaum.

Als Erinnerung sind hier ein paar Faktoren, weshalb Kinder und Jugendliche gerne zum Sport gehen. Lies dazu auch diesen Artikel.

Kinder und Jugendliche machen Sport, weil sie

  • einen guten Sportsgeist mögen
  • Teil einer Gruppe sind
  • das Beste geben können
  • Neues lernen und besser werden können
  • ihre Fitness verbessern können
  • sich mit anderen messen können
  • Spass daran haben

Jugendliche Athleten wollen Teil von einem guten Team sein, lernen, sich verbessern und Spass haben.

Natürlich spielen auch die unbewussten Motive eine Rolle. Werden diese beim und durch den Sport befriedigt, dann entwickeln sich Kinder und Jugendliche besonders gut.

Unbewusste Motive sind zeitlich überdauernde Persönlichkeitsmerkmale, die durch Erfahrung entstehen. Diese verleihen dem Handeln deines Kindes über lange Zeit Kraft und Energie. Es sind seine persönlichen Motivationsquellen.

Motivierte junge Athleten haben Eltern, die an ihr Potenzial glauben und ihnen die Möglichkeiten bieten, dieses Potenzial zu entfalten. Unabhängig davon, ob ihre Ziele und Vorstellungen mit denen der Eltern übereinstimmen!

Hoffnungen zerstören

Für dich sollte es als Elternteil selbstredend sein, dass du dein Kind nicht demotivierst. Oft ist das leichter gesagt als getan.

Aussagen wie diese sind weder zielführend noch motivierend:

„Wenn du das magst, kannst du das gerne tun. Weit bringen wirst du es eh nicht, weil in unserer Familie ohnehin alle koordinative Tiefflieger sind.“

„Du bist schon zu alt für diesen Sport, alle anderen haben früher begonnen.“

„Das macht sowieso keinen Sinn, weil …“

Den optimalen Weg gibt es nicht. Schon manches „Antitalent“ hat die Sportwelt überrascht, weil es nicht an den Talent-Mythos glaubte.

Ungeschickt und demotivierend sind auch die folgenden Aussagen, die man leider (zu) oft von Eltern und Trainern hört:

  • „Nein.“
  • „Mach das nicht.“
  • „Das geht nicht.“
  • „Das kannst du nicht.“

Wie soll das bitte motivierend sein, wenn das Fallbeil die ganze Zeit im Nacken hängt? Der gefühlte Druck nimmt mit jeder negativen Bestätigung zu.

Leider werden jungen Athleten auch durch ungeschicktes Verhalten der Eltern während und nach Wettkämpfen demotiviert und unter Druck gesetzt.

Die Körpersprache der Eltern zeigt deutlich, dass sie mit der Leistung ihres Kindes unzufrieden sind. Im schlimmsten Fall führt das zu verbalen Entgleisungen und Demütigungen. Das muss nicht sein.

Eine motivierende Lern- und Leistungsumgebung schaut anders aus. Denn …

Lernen funktioniert nur mit positiver Bestätigung!

Doch bereits in der Schule lernen wir etwas anderes. Uns wird dauernd auf die Nase gebunden, was wir alles nicht können und wie viele Fehler wir gemacht haben.

Warum nicht dagegensteuern?

Wie kann ich motivieren?

Die Meinungen gehen diesbezüglich auseinander. Insbesondere von den Personen, die von sich sagen: „Ich kann jeden motivieren!“ Einen jungen Athleten zu demotivieren, braucht nicht viel Können. Wenn du wissen willst, wie das geht, brauchst du nur das nächste Training bei dir um die Ecke zu besuchen. 😉

Motivieren können wir uns letztendlich nur selbst. Das siehst du sehr gut bei Kindern. Wenn sie etwas nicht anziehen wollen, kommt auch der Motivationsguru an seine Grenzen. Oder?

Natürlich kannst du auch die üblichen „Dressurmethoden“ mit Belohnung und Bestrafung anwenden. Ich glaube kaum, dass diese nachhaltig sind. Es entsteht lediglich eine Abhängigkeit von der Bestrafung und der Belohnung.

Willst du ein Kind, das ausschliesslich auf diese Abrichtemechanismen funktioniert? Ich bezweifle das.

Ja, aber … wie soll ich denn motivieren?

Du kannst ein Umfeld schaffen, das für dein Kind motivierend ist. Ein Umfeld, in dem es sein Potenzial entfalten kann und seine (unbewussten) Motive angesprochen und befriedigt werden.

Das scheint mir der bessere Weg zu sein als der mit dem Abrichtemechanismus.

Damit kannst du dein Kind unterstützen

  • Unterstütze seine Ziele, auch wenn du andere Vorstellungen hast.
  • Unterstütze dein Kind moralisch.
  • Zeig deinem Kind, dass du es liebst. Unabhängig von seiner Leistung.
  • Gib deinem Kind Geborgenheit.
  • Behalte deinen Frust für dich.
  • Schaffe Rahmenbedingungen, in denen Leistungen möglich sind.
  • Achte und respektiere die Privatsphäre. Zu Hause und auf dem Sportplatz.
  • Lass den Trainer seine Arbeit machen.
  • Bestätige dein Kind positiv.

Motivierte junge Athleten geben nicht auf, weil die Aufgabe herausfordernd ist. In ihnen brennt ein inneres Feuer, das auch durch Misserfolge nicht zum Erlöschen kommt. Sie machen weiter und verfolgen IHR Ziel. Oder wie es Roosevelt treffend formuliert:

Sie haben das Herz eines Champions und bleiben dran, auch wenn es nach dem x-ten Mal noch nicht perfekt funktioniert.

Fazit

Als Elternteil solltest du dir bewusst sein, dass dein Kind gerne zum Sport geht, weil es das will. Die Gründe, warum es zum Training und zu Wettkämpfen geht, sind unterschiedlicher Natur.

Die eine hat Spass, weil sie mit ihren Freundinnen zusammen ist. Der andere möchte mit seiner Leistung Anerkennung bekommen. Ein weiterer geht dabei auf, wenn er seine Übung in Perfektion turnt, und dann gibt es die, die sich einfach selbst verwirklichen möchten.

Viele träumen vom grossen Sieg. Aber nicht alle!

Pushst du dein Kind, weil du den Erfolg willst, entstehen Druck und Frustration. Die Folge: Dein Kind kehrt dem Sport den Rücken.

Unterstütze dein Kind, damit es seinen Traum und seine Ziele verwirklichen kann. Das ist eine grosse Herausforderung für dich, die nicht nur Sonnenschein bringt.

Ich wünsche dir gutes Gelingen beim Support von deinem Sportler-Kind.

Vergiss dabei nicht, dass deine Bedürfnisse in deinem eigenen Leben genügend Platz haben und du deine Träume nicht stellvertretend durch dein Kind leben musst. 😉

Nutze deine Möglichkeiten!

Martin

PS: Ich bin übrigens der Meinung dass mit Spass und dem Unbewussten im Boot alles ein wenig einfacher geht.

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