Wer möchte nicht für seine Leistung verantwortlich sein?

Die Olympischen Spiele sind voll im Gange.

Die meisten Athleten sind mit grossen Zielen angereist. Nach etwas mehr als einer Woche fällt die Bilanz nicht bei jedem gut aus.

Einige Athleten haben am Tag X ihre Möglichkeiten genutzt. Sie laufen mit einem glücksseligen Grinsen durchs Olympische Dorf. Andere konnten ihre Möglichkeiten am Tag X nicht nutzen, andere waren besser oder sie haben (zum x-ten Mal) versagt.

Interessant ist jedoch die Kommunikation gegenüber den Medien. Und die genannten Ursachen für den eigenen Erfolg respektive Misserfolg.

Wer ist schuld?

Interessanterweise liegt der Grund für gute Leistungen fast immer beim Athleten selbst. Klar, er hat dafür trainiert. Bei einem Misserfolg verändert sich diese Sichtweise oft sehr schnell.

Die genannten Gründe für Misserfolge sind sehr vielseitig:

  • Pech
  • schlechtere Windbedingungen
  • ungewohnte Wettkampfzeit
  • eine langsame Serie
  • eine ungünstige Auslosung
  • ungewohnte Rahmenbedingungen
  • etc.

Bei dieser Betrachtungsweise könnte der Eindruck entstehen, dass Misserfolge vor allem auf äussere Faktoren zurückzuführen sind.

Offensichtlich werden Erfolg und Misserfolg bei Athleten unterschiedlichen Ursachen zugewiesen.

Ursachenforschung

Bei der „Ursachenforschung“ in der Sportpsychologie fällt immer wieder der Begriff Attribution und Attributionstheorie. Attribution wird vom lateinischen Wort attribuere = zuschreiben abgeleitet. Es geht in der Attributionstheorie also darum, welche psychischen Ereignisse die Leistung beeinflussen. Darum wird sie auch in Zusammenhang mit der Leistungsmotivation genannt.

Worauf führst du deine Leistung zurück?

Für deine Leistung kannst du verschiedene Faktoren verantwortlich machen.

“Es spielte das Glück mit, dass die anderen Pech hatten.” – Sandra Auffarth, Deutschland (Silber-Team, Vielseitigkeitsreiten)

“Even if you’re not an expert you could see I was aiming all over the place.” – Niccolo Campriani, Italien (Gold, Luftgewehr 10 m)

“I think I left my fireworks at home this morning but I’ll bring them back tonight and let them off and see if it’s good enough to make it through to the final tomorrow night.” – Josh Beaver, Australien (Halbfinale, Schwimmen 100/200 m Rücken)

Machen wir doch einen kurzen Selbsttest. Sei dabei ehrlich zu dir.

Auf was führst du einen Erfolg zurück?

  • Hatte einfach Glück
  • Mein Können
  • Eine gute Vorbereitung
  • Einen einfachen Wettkampf
  • Einen schwachen Gegner

Auf was führst du einen Misserfolg zurück?

  • Hatte einfach Pech
  • Bin nicht talentiert
  • Eine schlechte Vorbereitung
  • Habe mich zu wenig angestrengt
  • Einen (zu) starken Gegner

Welchen Ursachen sind für deinen Erfolg respektive deinen Misserfolg massgebend?

Attributionstheorie

Es gibt verschiedene Ursachen, auf welche du deine Leistung zurückführen kannst. Diese können in dir selbst (internal) liegen oder ausserhalb (external) von dir angesiedelt sein. Zudem können die Ursachen feste (stabile) oder veränderbare (variable) Grössen sein.

Für das bessere Verständnis habe ich dir die verschiedenen Faktoren aufgelistet.

variabel stabil
internalAnstrengung

  • Einsatzbereitschaft
  • Körperliche Verfassung
  • Psychische Verfassung
 Fähigkeiten

  •  Unbewusste Motive
  •  Wettkampfroutinen
  •  Trainingszustand
External
Zufall

  • Glück/Pech
  • Tagesform Konkurrenten
  • Äussere Bedingungen (Wetter etc.)
 Schwierigkeit

  •  starker/schwacher Gegner
  •  soziale Unterstützung (z.B. Familie)
  •  Spielliga/-klasse

Ausserhalb deiner Kontrolle

Wenn du den Grund für einen Misserfolg auf das Wetter oder den schlechten Zustand der Wettkampfanlage zurückführst, liegt das nicht unter deinen eigenen Kontrolle.

Genauso wie wenn du deinen Erfolg auf Glück oder einen schwachen Gegner zurückführst.

Mit dieser Betrachtungsweise bist du nie selber für deine Leistung verantwortlich. Für den einen oder anderen mag das vielleicht bequem sein, wenn er keine Verantwortung für sich und seine Leistung übernehmen muss.

Doch sei mal ehrlich: Befriedigend ist das definitiv nicht. Dafür musst du nicht so viel trainieren, um dann von Faktoren abhängig zu sein, die du ohnehin nicht beeinflussen kannst. Da kannst du gerade so gut Lotto spielen, oder? 😉

Innerhalb deiner Kontrolle

Du ordnest deinen Erfolg deinem Können, deinen Fähigkeiten und deinen gut funktionierenden Wettkampfroutinen zu? Cool, denn das sind Faktoren, die du selber beeinflussen kannst.

Misserfolge führst du auf eine lasche Motivation, mangelnde Anstrengung oder Pech zurück.

Abgesehen vom Pech kannst du diese Faktoren sehr wohl kontrollieren. D.h. du kannst deine Leistung selber beeinflussen, weil sie innerhalb deiner eigenen Kontrolle ist.

Gibt das Wissen, deine Leistung selber beeinflussen zu können, nicht ein besseres Gefühl?

Deine Leistung soll innerhalb deiner Kontrolle liegen. Erfolge schreibst du deinen Fähigkeiten zu und Misserfolge vorwiegend auf kontrollierbare Faktoren wie eine lasche Motivation oder mangelnde Anstrengung.

Um das Kleine zu festigen, muss erst das Große gefestigt sein. Um das Große in Ordnung zu bringen, muss erst das Kleine in Ordnung sein. – Lü Bu We

Deine Verantwortung – deine Motivation

In meinem Artikel zur Leistungsmotivation habe ich geschrieben, dass für leistungsmotivierte Athleten nur Aufgaben motivierend sind, bei denen die Wahrscheinlichkeit für das Gelingen/Misslingen 50/50 ist.

Siehst du, auf was ich hinaus möchte?

Setzt du deine Ziele so, dass du sie einfach oder gar nicht erreichen kannst, wird dein Leistungsmotiv kaum aktiviert. Hinterher kannst du dir in den eigenen Sack lügen und sagen: „Ich war nicht motiviert“ oder „Das Ziel konnte ich sowieso nicht erreichen“. Oder im umgekehrten Fall: „Ich hatte einfach Glück.“ Schliesslich liegt die Verantwortung für das Ergebnis nicht bei dir.

Möchtest du das wirklich?

Setze deine Ziele so, dass sie dein Leistungsmotiv aktivieren und die Zielerreichung vorwiegend innerhalb deiner eigenen Kontrolle liegt.

Wie würdest du dich fühlen, wenn du dein Ziel erreichst und weisst, dass du es aufgrund deiner Fähigkeiten, deiner Motivation und deines Einsatzes erreicht hast?

Oder im umgekehrten Fall: Wie wäre es, wenn du nach einem Misserfolg weisst, was du das nächste Mal besser machen kannst?

Das scheint mir doch weitaus befriedigender als ein Spielball von nicht kontrollierbaren Umständen zu sein. Bist du bei mir?

Klar. Die Leistung deiner Konkurrenten kannst du nicht beeinflussen. Wenn du deine Leistung am Tag X abrufst und einer steht ein Treppchen weiter oben, dann gratulierst du ihm oder ihr zu seiner Leistung und freust dich über deine. Du hast alles getan, was in deiner Macht steht, und deine Leistung abgerufen.

Das nächste Mal schaut es vielleicht wieder anders aus.

So ist das auch bei den Olympischen Spielen: Die Rangliste wird nie vor dem Wettkampf geschrieben. Schau dir dazu auch diesen Artikel an.

Fazit

Agiere so, dass du der Steuermann von dir selbst bist und weisst, auf welche Ursachen du deine Erfolge oder Misserfolge zurückführen kannst. Damit kannst du deine Leistung am besten positiv beeinflussen und am Tag X dein volles Leistungspotenzial abrufen.

Setze deine Ziele so, dass sie deinen Fähigkeiten entsprechen und dein Leistungsmotiv aktivieren. Das gibt dir einen Extra-Schub!

Entscheidend ist, wer du bist, was du kannst und wie du deine Möglichkeiten nutzt!

Hast du spannende Aussagen über Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse der Olympioniken in Rio entdeckt? Hinterlasse mir diese als Kommentar. Ich bin gespannt, was da zusammenkommt.

Nutze deine Möglichkeiten!

Martin

PS: Ich bin übrigens der Meinung, dass mit dem Unbewussten im Boot alles ein wenig einfacher geht.

 

 

 

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